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Montag, 22. August 2011

Verschwiegen und vergessen - Beim Grenzdienst getötet

Die Grenze quer durch Deutschland, die zu einer Systemgrenze wurde, an der sich die mächtigsten Militärbündnisse des 20. Jahrhunderts auf Leben und Tod gegenüberstanden, war keine Erfindung der DDR, kein Ausdruck fehlender Demokratie oder Ausfluß intellektuell minderbemittelter Politiker, sondern das Resultat des Zweiten Weltkrieges.

Generaloberst a.D. Baumgarten




Wachtmeister der Grenzpolizei
Gerhard Hofert
geboren 02.02.1924 - ermordet 03.08.1949





Im Kommando der Grenzpolizei Schlagbrügge ist der gelernte Schlosser Gerhard Hofert Wachtmeister der Grenzpolizei an der offenen Grenze zur britischen Besatzungszone.
Als Postenführer ist er am 3. August 1949 mit einem Kameraden in diesem Abschnitt eingesetzt. Es ist bekannt, das sich eine gesuchte Person in diesem Abschnitt befindet. Bei der Durchführung der vorläufigen Festnahme einer Person, welcher der Gesuchte sein könnte wird er von dieser Person durch gezielte Pistolenschüsse getötet. Der Mörder konnte von seinem Kameraden überwältigt werden und wurde im weiteren der damals zuständigen sowjetischen Besatzungsbehörde übergeben.
Wachtmeister Gerhard Hofert war der erste Grenzer der im Dienst, zum Schutz der Deutschen Demokratischen Republik, sein Leben gelassen hat.


Dieser Gedenkstein befindet sich heute im "Grenzhus" in Schlagsdorf.

Todesschüsse aus dem Westen
Anfang August 1949. Im Grenzpolizei-Kommando Schlagbrügge, an der Straße von Schönberg nach Ratzeburg gelegen, verstaut Volkspolizei-Wachtmeister Gerhard Hofert ein paar Sachen in einer Reisetasche. Anstrengende Tage und Nächte des Dienstes an der Grenze zur britischen Besatzungszone liegen hinter ihm und seinen Kameraden. Die Grenze oder Demarkationslinie (wie sie damals hieß) ist noch offen, nur von wenigen VP-Angehörigen bewacht. Lediglich Steine und Pfähle markieren den alten Grenzverlauf zwischen Mecklenburg und Schleswig-Holstein. Deshalb versucht fast täglich eine große Anzahl Menschen von Ost nach West und West nach Ost zu wechseln, von denen viele keinesfalls friedliche Absichten hegen. Schmuggler und Schieber sind darunter, die sich auf unehrliche Weise bereichern wollen, aber auch Kriminelle der verschiedensten Art. Ganze Banden unternehmen immer wieder Versuche, wichtige Güter - Maschinen, Textilien, Lebensmittel, Buntmetalle - aus der sowjetischen Zone nach dem Westen zu bringen, um sie dort mit hohem Gewinn abzusetzen. Doch auch politische Verbrecher treiben ihr Handwerk, sie wollen den Aufbau einer neuen gesellschaftlichen Ordnung in Ostdeutschland sabotieren und schädigen. Der vom kapitalistischen Westen begonnene Kalte Krieg macht die Grenze zu einem Brennpunkt der Auseinandersetzung zwischen West und Ost.
Diese Situation verlangt von den zur Grenzsicherung eingesetzten Volkspolizisten zu jeder Zeit hohen Einsatz. Deshalb ist Gerhard Hofert froh, ein paar Tage daheim in Fürstenberg ausspannen zu können. Er freut sich auf das Wiedersehen mit seiner jungen Frau Lilli, mit der er seit zwei Jahren verheiratet ist, besonders jedoch auf seinen kleinen Sohn Helmut, den er leider nur hin und wieder sehen kann.
Während Gerhard in Gedanken schon bei seiner Familie weilt, löst der Kommandoleiter Alarm aus. Der Grenzer läßt alles stehen und liegen, eilt zur Waffenkammer, empfängt seinen Karabiner und die Munition. Dann wird er mit seinen Kameraden schnell eingewiesen. Ein Mann treibe sich im Grenzabschnitt herum, offensichtlich jener, der sich unter dem Namen "Michels" schon seit einiger Zeit im westlichen Mecklenburg aufhält. Es ist bekannt, daß er in den Gaststätten Westzigaretten verteilt und freigiebig "Runden schmeißt". Dabei fordert er die Bauern immer wieder auf, die Ernte nicht "an die Roten" abzuliefern, sondern auf dem schwarzen Markt zu verkaufen oder sie "nach drüben" zu bringen. Er könne dorthin "Wege und Türen öffnen". Und er schimpft und geifert auf die Grenzpolizisten, besonders die Offiziere.
Gerhard Hofert begibt sich in den ihm befohlenen Postenbereich und trifft schon kurz darauf auf einen Fremden, welcher der Gesuchte sein könnte. Er erklärt ihm, daß er vorläufig festgenommen sei. Doch der Mann schlägt dem Wachtmeister vor, "die Knarre wegzuschmeißen" und mit ihm "nach drüben" zu gehen. Hofert zögert keinen Moment, packt den Grenzverletzer. Doch dieser zieht plötzlich eine Pistole und drückt ab. Gerhard Hofert bricht tot zusammen. Zwei herbeieilende Kameraden überwältigen den Mörder.
Gerhard Hofert ist gerade 25 Jahre alt geworden. Geboren am 2. Februar 1924 wuchs er bei seinen Großeltern auf, da seine Mutter frühzeitig verstarb. Den Vater verlor er im faschistischen Krieg, er fiel an der Ostfront. 1944 holten die Nazis auch Gerhard zur Wehrmacht, aber er wollte nicht für Hitler und das deutsche Kapital sterben. Er desertierte, und der Großvater versteckte ihn bis zur Befreiung durch die Rote Armee bei sich in Fürstenberg. Danach erlernte Gerhard den Beruf eines Schlossers, bis er im März 1949 die Entscheidung traf, Volkspolizist zu werden und an die Grenze zu gehen. Gerhard Hofert war der erste von 25 Grenzern der DDR, die im Dienst von Feinden des Sozialismus feige und hinterhältig ermordet wurden.
Günter Freyer


Die Führung der Grenztruppen der DDR hat in ihrem Prozess vor der 36. Strafkammer des Landgerichtes Berlin folgendes erklärt:
“Jeder Verletzte, jeder Tote, jedes Opfer ist zu beklagen und zu bedauern. Das gilt für die im Grenzdienst ermordeten Angehörigen der GT ebenso wie für die Menschen, die – wissend um die Gefahren, die mit dem illegalen Grenzübertritt verbunden waren und eine mögliche Schusswaffenanwendung oder Minenverletzung billigend in Kauf nahmen – verletzt oder getötet wurden. Wir bekunden nach wie vor unsere Betroffenheit und unser Mitgefühl zu jedem Verletzten und Toten an dieser Grenze. So haben das auch unsere Vorgesetzten und die uns Unterstellten immer gesehen. Aus persönlichem Erleben kennen wir den Schmerz, das Leid und die Trauer bei Angerhörigen und Freunden von Menschen, die an der Staatsgrenze um’s Leben gekommen sind. Die Achtung vor den Opfern an dieser Grenze und das Leid ihrer Angehörigen verlangen deshalb größte Objektivität, Sachlichkeit und Beachtung der Bedingungen, die dazu geführt haben. Gerade deshalb hat niemand ein Recht, von der Position eines Siegers aus zu urteilen.“

Weitere Schicksale von getöteten Angehörigen der Grenztruppen der DDR werden in folgendem Buch geschildert.



Taschenbuch, 212 Seiten, GNN Verlag; Auflage: 1., Aufl. (18. März 2005), 
ISBN-10: 389819198, 
ISBN-13: 978-3898191982


http://www.gnnverlag.de/

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