Junge Welt 24.10.2011 / Inland / Seite 8
»Wir bieten sachliche Informationen über die DDR«
Durch Privatinitiative ist in Bochum ein Museum über die Geschichte des anderen deutschen Staates entstanden.
Ein Gespräch mit Andreas Maluga
Peter WolterAndreas Maluga ist 1. Vorsitzender des Fördervereins DDR-Kabinett Bochum e. V.
Sie betreiben gemeinsam mit anderen ein privates DDR-Museum – und das in Bochum, mitten im Ruhrgebiet. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Wir wollen sachliche Informationen über die DDR anbieten. Die Medien konfrontieren uns von morgens bis abends mit einem negativen DDR-Bild –das aber meist gar nichts mit der geschichtlichen Realität zu tun hat. Mit Hilfe dieses kleinen Museums wollen wir ein wenig gegensteuern.
Was ist denn darin zu sehen?
Seit über 20 Jahren tragen wir Exponate aus den verschiedensten Bereichen zusammen: Alltagsleben, Bildungswesen, Arbeitswelt, Jugendorganisationen. Auch aus dem Bereich der bewaffneten Organe wie der Nationalen Volksarmee (NVA) oder der Volkspolizei. Im wesentlichen sind es Auszeichnungen, Dokumente, Zeitschriften sowie Uniformen. Davon haben wir über 400, wahrscheinlich mehr als im Militärhistorischen Museum Dresden zu sehen sind.
Wie sind Sie an diese Exponate herangekommen?
Nach der Konterrevolution 1989/90 besuchte ich in Nordhausen einen Bekannten, der bei den Grenztruppen war. Der wollte aus Verzweiflung seine Uniform verbrennen, weil er mit der neuen Situation nicht fertig wurde, aber auch damit nicht, wie er von der damaligen SED/PDS im Stich gelasssen wurde. »Bevor du das machst, gib sie mir, ich paß darauf auf!« sagte ich ihm. Das sprach sich herum, und das Resultat war, daß mir von vielen Seiten weitere Stücke aus der DDR-Geschichte angeboten wurden.
Da war sicherlich auch ein wenig Trotz dabei – schließlich hatte ich ja mitbekommen, wie damals die Geschichte entsorgt wurde: Vor Kreisleitungen der SED wurden Abfallcontainer abgestellt, in die dann Fahnen, Wimpel, Dokumente, marxistische Literatur usw. einfach reingeworfen wurden. So manches konnte ich aus dem Müll ziehen und für spätere Zeiten retten. Im Laufe der Jahre kam immer mehr hinzu, bis heute erreichen uns aus allen Ecken der BRD Päckchen und Pakete mit neuen Exponaten.
Da war sicherlich auch ein wenig Trotz dabei – schließlich hatte ich ja mitbekommen, wie damals die Geschichte entsorgt wurde: Vor Kreisleitungen der SED wurden Abfallcontainer abgestellt, in die dann Fahnen, Wimpel, Dokumente, marxistische Literatur usw. einfach reingeworfen wurden. So manches konnte ich aus dem Müll ziehen und für spätere Zeiten retten. Im Laufe der Jahre kam immer mehr hinzu, bis heute erreichen uns aus allen Ecken der BRD Päckchen und Pakete mit neuen Exponaten.
Was brauchen Sie noch? Vielleicht findet sich der eine oder andere Leser, der noch etwas beisteuern könnte.
Einige Bereiche würden wir gerne stärker herausarbeiten, insbesondere die Geschichte der DDR-Kombinate. Da brauchen wir noch Auszeichnungen, Dokumente und Literatur.
Was ist das für ein Kreis, der mit Ihnen zusammen auf die Idee gekommen ist, dieses für Privatleute aufwendige Projekt zu starten?
Das DDR-Kabinett wird von einem Förderverein getragen, der zur Zeit etwas über 30 Mitglieder hat. Darunter gibt es Leute, die sich für Spezialgebiete interessieren, etwa für die Geschichte der Reichsbahn. Wir haben Mitglieder der DKP und der Linkspartei, aber zum größten Teil Unorganisierte – meist frühere DDR-Bürger, die es nach 1990 ins Ruhrgebiet verschlagen hat.
Wie wird das finanziert? Sie haben für dieses Museum eine leerstehende Wohnung angemietet.
Finanziell ist es im Moment schwierig. An Einkünften hatten wir bislang nur Spenden und Mitgliedsbeiträge, wir brauchen daher weitere Unterstützung.
Wie kommt diese Initiative in Bochum an?
SPD, CDU und Grüne ignorieren uns. Die Lokalausgabe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung hat allerdings recht objektiv über uns berichtet. Auch über unsere Veranstaltungen: Im April zum Beispiel hatten wir zu dem Thema »War die DDR ein Unrechtsstaat? Ist die BRD ein Rechtsstaat?« eingeladen. Und vorletzten Sonntag haben wir das Thema »Staatsgrenze der DDR – Friedensgrenze im Kalten Krieg« angeboten. Die Resonanz ist erfreulich, wir hatten jeweils 30 bis 40 Besucher.
Gegen die letzte Veranstaltung hatte als einziger ein Ratsherr der Bochumer Linkspartei gehetzt, Amtsrichter von Beruf. Die Hirnrissigkeit seiner Argumente würde selbst Bild-Redakteure vor Neid erblassen lassen: »Altstalinistisches Gruselkabinett lädt Mauermörder ein«. Schade, daß er es nicht einmal für nötig hielt, zu unserer Veranstaltung zu kommen und mit uns zu diskutieren – er hätte viel Neues erfahren können. Das Resultat seiner Hetze war jedenfalls, daß spontan drei neue Mitglieder in den Förderverein eingetreten sind.
Info: /www.ddr-kabinett-bochum.de
Gegen die letzte Veranstaltung hatte als einziger ein Ratsherr der Bochumer Linkspartei gehetzt, Amtsrichter von Beruf. Die Hirnrissigkeit seiner Argumente würde selbst Bild-Redakteure vor Neid erblassen lassen: »Altstalinistisches Gruselkabinett lädt Mauermörder ein«. Schade, daß er es nicht einmal für nötig hielt, zu unserer Veranstaltung zu kommen und mit uns zu diskutieren – er hätte viel Neues erfahren können. Das Resultat seiner Hetze war jedenfalls, daß spontan drei neue Mitglieder in den Förderverein eingetreten sind.
Info: /www.ddr-kabinett-bochum.de
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