Hauptmann der Grenztruppen der DDR Rudi Arnstadt |
Der 1962 ermordete Grenzoffizier wurde in der DDR, in seinem Heimatort, mit militärischen Ehren bestattet. Der ganze Ort folgte seinem Sarg im Trauerzug. Man erwies ihm in der DDR Ehrungen, indem man Straßen und Schulen nach ihm benannte. Man stiftete ihm einen Gedenkstein. Nach der "Wende" wurden, wie auch in anderen Fällen, die Ehrungen für Rudi Arnstadt von den neuen "Machthabern" zurück genommen. Einzig der Gedenkstein für Rudi Arnstadt existiert noch. Die Anlage wird von ehemaligen Grenzern, gegen den Widerstand der dortigen Politiker, gepflegt und erhalten.
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Am 30. Juni 2011 führten zwei Mitarbeiter des MDR ein zweistündiges Interview mit mir. Sie wollten in Erfahrung bringen, was sich am 14. August 1962 in der Rhön tatsächlich ereignet hatte und dazu eine filmische Dokumentation erarbeiten. Das sagten sie jedenfalls.
An jenem Hochsommertag vor knapp 50 Jahren wurde der Hauptmann der Grenztruppen der DDR Rudi Arnstadt durch Angehörige des Bundesgrenzschutzes ermordet. Es gäbe dazu verschiedene Versionen beider Seiten, meinten die MDR Journalisten. Von dem Interview wurden am 30. August im Spätprogramm aus dem Zusammenhang gerissene Teile gesendet. Der Titel des Beitrags lautete: „Zwei Tote im Kalten Krieg – Hintergrund zweier Todesfälle im August 1962“. Der zweite Tote war das „Maueropfer“ Peter Fechter. Die beiden Filmemacher erfüllten ihren Klassenauftrag vorbildlich. Aus Tatsachen, Halbwahrheiten, Verdrehungen, Lügen und dem Weglassen wesentlicher Teile des von mir Gesagten entstand ein Machwerk, das sich in die seit Monaten eskalierende Hetze gegen DDR, NVA und Grenztruppen nahtlos einreihte.
Im Juli 1962 – ich war damals Kommandeur eines Mot-Schützen-Bataillons des MSR-3 in Brandenburg – erhielt ich den Befehl, meine Einheit per Bahn nach Bad Salzungen und von dort im Landmarsch nach Dermbach (Rhön) zu verlegen. Nach dem Einrichten in einem Objekt des dortigen Grenzregiments und der Inaugenscheinnahme von uns zu sperrender Abschnitte begannen die Arbeiten. Sie wurden von den Angehörigen des Bataillons unbewaffnet durchgeführt. Lediglich in Abständen von einigen hundert Metern stationierten wir Sicherungsposten zum Schutz unserer eigenen Genossen. Wie sich dann zeigte, war diese Maßnahme völlig berechtigt. Wir wurden von westdeutscher Seite wochenlangem psychologischem Druck ausgesetzt. Wiederholt schoß man über unsere Köpfe hinweg in Richtung DDRGebiet. Hubschrauber kreisten in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze, mitunter auch direkt über uns. Sie warfen eine Fälschung der NVA-Zeitung „Die Volksarmee“ ab und forderten unsere Soldaten zur Fahnenflucht auf. Täglich wurden Personengruppen bis dicht an die Grenze geführt, die uns in unflätiger Weise beschimpften. Den Höhepunkt bildete ein „Gottesdienst“. Nach dem Absingen frommer Lieder und einem Gebet wandte sich der Pfarrer in Richtung Westen, breitete die Arme aus und rief: „Ich segne Deutschland.“ Dann drehte er sich zu uns um und brüllte: „Und ich verfluche Asien.“ Am 14. August meldete sich Hauptmann Arnstadt in Begleitung des Soldaten Roßner bei mir, um eine Grenzkontrolle durchzuführen. Ich stand gerade mit Arnstadt und seinem Begleiter bei einer Gruppe von NVA-Angehörigen, als plötzlich eine Bundesgrenzschutz-Streife das Gebiet der DDR betrat und direkt auf uns zukam. Als sie sich auf unserer Höhe befand, forderte sie Genosse Arnstadt auf, sofort das DDR-Territorium zu verlassen, was sie auch tat. Wir verloren sie dann aus dem Blickfeld. Nach einiger Zeit kehrte die Streife zurück und drang erneut auf unser Gebiet vor.
Im Juli 1962 – ich war damals Kommandeur eines Mot-Schützen-Bataillons des MSR-3 in Brandenburg – erhielt ich den Befehl, meine Einheit per Bahn nach Bad Salzungen und von dort im Landmarsch nach Dermbach (Rhön) zu verlegen. Nach dem Einrichten in einem Objekt des dortigen Grenzregiments und der Inaugenscheinnahme von uns zu sperrender Abschnitte begannen die Arbeiten. Sie wurden von den Angehörigen des Bataillons unbewaffnet durchgeführt. Lediglich in Abständen von einigen hundert Metern stationierten wir Sicherungsposten zum Schutz unserer eigenen Genossen. Wie sich dann zeigte, war diese Maßnahme völlig berechtigt. Wir wurden von westdeutscher Seite wochenlangem psychologischem Druck ausgesetzt. Wiederholt schoß man über unsere Köpfe hinweg in Richtung DDRGebiet. Hubschrauber kreisten in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze, mitunter auch direkt über uns. Sie warfen eine Fälschung der NVA-Zeitung „Die Volksarmee“ ab und forderten unsere Soldaten zur Fahnenflucht auf. Täglich wurden Personengruppen bis dicht an die Grenze geführt, die uns in unflätiger Weise beschimpften. Den Höhepunkt bildete ein „Gottesdienst“. Nach dem Absingen frommer Lieder und einem Gebet wandte sich der Pfarrer in Richtung Westen, breitete die Arme aus und rief: „Ich segne Deutschland.“ Dann drehte er sich zu uns um und brüllte: „Und ich verfluche Asien.“ Am 14. August meldete sich Hauptmann Arnstadt in Begleitung des Soldaten Roßner bei mir, um eine Grenzkontrolle durchzuführen. Ich stand gerade mit Arnstadt und seinem Begleiter bei einer Gruppe von NVA-Angehörigen, als plötzlich eine Bundesgrenzschutz-Streife das Gebiet der DDR betrat und direkt auf uns zukam. Als sie sich auf unserer Höhe befand, forderte sie Genosse Arnstadt auf, sofort das DDR-Territorium zu verlassen, was sie auch tat. Wir verloren sie dann aus dem Blickfeld. Nach einiger Zeit kehrte die Streife zurück und drang erneut auf unser Gebiet vor.
Wieder wurde sie dazu aufgefordert, sich unverzüglich zurückzuziehen. Soldat Roßner gab einen Warnschuß in die Luft ab und etwas später, ebenfalls steil nach oben, einen weiteren Schuß. Die BGS-Streife trat den Rückzug an. In diesem Augenblick fiel aus einem Getreidefeld jenseits der Grenze ein Schuß, der Hauptmann Arnstadt in den Kopf traf. Auch Roßner wurde unter Feuer genommen.
Anschließend kamen BGS-Angehörige in Schützenkette schießend auf uns zu. Ich schätzte, daß etwa 20 bis 30 Schüsse abgefeuert wurden. Wir hatten uns an einem Abhang in Deckung begeben und zogen uns dann geordnet zurück, um in etwa zwei Kilometer von der Grenze entfernt die volle Gefechtsbereitschaft herzustellen. Wer konnte wissen, was dieser verbrecherischen Provokation noch folgen würde.
Die Staatsanwaltschaft Fulda leistete sich viele Jahre später ein Glanzstück. Am 7. April 1998 teilte der leitende Oberstaatsanwalt beim dortigen Landgericht mit, er habe das seinerzeit eingeleitete Ermittlungs-verfahren gegen Dieter Koch (BGS) wegen Totschlags (36 Jahre nach der Tat!) von der Staatsanwaltschaft Meiningen übernommen. Doch schon am 6. Mai wurde das Verfahren nach § 170, Abs. 2 StPO eingestellt, da keine Straftat aufzuklären wäre. Das Ermittlungsergebnis sei das gleiche wie jenes, welches bereits am 8. Oktober 1962 in Fulda zu der Einstellungsverfügung geführt habe. So blieb es bei der Version der BRD-Justiz, die schon damals behauptet hatte, BGS-Grenzoberjäger Plüschke habe in Notwehr gehandelt, als er seinem Hauptmann Meißner, der von Rudi Arnstadt am weiteren bewaffneten und illegalen Betreten von DDR-Territorium gehindert werden sollte, durch gezielte Schüsse zu Hilfe gekommen sei. Nach dieser Interpretation war die Verteidigung der Staatsgrenze der DDR rechtswidrig, das Handeln der BGSStreife hingegen rechtens. In der Fuldaer Einstellungsverfügung vom Mai 1998 hieß es: „Die Angriffshandlung des sowjetzonalen Grenztruppenoffiziers war deshalb nicht nur gebotene Notwehr, sondern stellt sich ganz eindeutig als rechtswidriger versuchter Totschlag dar. Plüschke war verpflichtet, den seinem Streifenführer drohenden Angriff abzuwehren.“ Wieso Grenzverletzer zu Recht schießen und sich der Festnahme entziehen dürfen, bleibt das Geheimnis des Oberstaatsanwalts Schneider beim Landgericht Fulda. Die von ihm übernommene Version, die Angehörigen des BGS hätten insgesamt nur drei Schuß abgegeben, ist keineswegs allein das Ergebnis schlampiger Recherche, sondern eine vorsätzliche Lüge. Tatsächlich wurden, wie bereits erwähnt, 20 bis 30 Schüsse auf uns abgefeuert. Hauptmann Arnstadt hatte seine Pistole zwar in der Hand, hob sie aber kein einziges Mal in Richtung der BGS-Angehörigen. Von seiner Seite fiel folglich auch kein Schuß.
Die Staatsanwaltschaft Fulda leistete sich viele Jahre später ein Glanzstück. Am 7. April 1998 teilte der leitende Oberstaatsanwalt beim dortigen Landgericht mit, er habe das seinerzeit eingeleitete Ermittlungs-verfahren gegen Dieter Koch (BGS) wegen Totschlags (36 Jahre nach der Tat!) von der Staatsanwaltschaft Meiningen übernommen. Doch schon am 6. Mai wurde das Verfahren nach § 170, Abs. 2 StPO eingestellt, da keine Straftat aufzuklären wäre. Das Ermittlungsergebnis sei das gleiche wie jenes, welches bereits am 8. Oktober 1962 in Fulda zu der Einstellungsverfügung geführt habe. So blieb es bei der Version der BRD-Justiz, die schon damals behauptet hatte, BGS-Grenzoberjäger Plüschke habe in Notwehr gehandelt, als er seinem Hauptmann Meißner, der von Rudi Arnstadt am weiteren bewaffneten und illegalen Betreten von DDR-Territorium gehindert werden sollte, durch gezielte Schüsse zu Hilfe gekommen sei. Nach dieser Interpretation war die Verteidigung der Staatsgrenze der DDR rechtswidrig, das Handeln der BGSStreife hingegen rechtens. In der Fuldaer Einstellungsverfügung vom Mai 1998 hieß es: „Die Angriffshandlung des sowjetzonalen Grenztruppenoffiziers war deshalb nicht nur gebotene Notwehr, sondern stellt sich ganz eindeutig als rechtswidriger versuchter Totschlag dar. Plüschke war verpflichtet, den seinem Streifenführer drohenden Angriff abzuwehren.“ Wieso Grenzverletzer zu Recht schießen und sich der Festnahme entziehen dürfen, bleibt das Geheimnis des Oberstaatsanwalts Schneider beim Landgericht Fulda. Die von ihm übernommene Version, die Angehörigen des BGS hätten insgesamt nur drei Schuß abgegeben, ist keineswegs allein das Ergebnis schlampiger Recherche, sondern eine vorsätzliche Lüge. Tatsächlich wurden, wie bereits erwähnt, 20 bis 30 Schüsse auf uns abgefeuert. Hauptmann Arnstadt hatte seine Pistole zwar in der Hand, hob sie aber kein einziges Mal in Richtung der BGS-Angehörigen. Von seiner Seite fiel folglich auch kein Schuß.
Oberstleutnant a. D. Gerhard Elies, Jüterbog
aus RotFuchs 11-2011
mdr - Ein sozialistischer Held
Hat jemand die Film gesehen bzw. aufgenommen? Und wie haben die "Journalisten" den Tod von R. Arnstadt dargestellt, wenn sie wichtige Zeitzeugen ignorieren?
AntwortenLöschenJa, gibts im Netz zu sehen. Die Journalisten sind als Historiker bekannt. Sowohl für den Film als auch für ihr Buch zum Fall nutzten sie umfangreich die Archiv-Quellen aus Ost und West. Wer bei ihren Lesungen anwesend war, der weiß, dass sie sich mit Legenden sowohl aus Ost als auch West kritisch auseinandergesetzt haben. Welche Zeitzeugen sollen denn für den Film ignoriert worden sein? Gerade Elies kann umfangreich seine Gedanken äußern - und dies stellt der Film auch völlig neutral dar. Unkommentiert moniert Elies am Ende des Filmes etwa: es dürfe ja nichts Gutes von der DDR erhalten bleiben. Das ist doch, was viele aus dem alten Regime bewegt. Ich frag mich wirklich, warum er sich dann jetzt so aufregt - aber die Fronten in den Köpfen müssen eben erhalten bleiben.
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