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Montag, 5. September 2011

Abgewickelt, plattgemacht, aufgelöst ...Was ist von 40 Jahren DDR-Sport heute übrig geblieben?


In der DDR gab es viele Errungenschaften im Sport, die die Bürger des Ostens heute schmerzlich vermissen. Schon eine Studie der Uni Leipzig mit 414 Teilnehmern des Jahrganges 1972/73 in der Zeit von 1987 bis 2004 zeigte, dass die meisten noch eine emotionale Verbindung zur Sozialisation der niedergegangenen DDR haben. Dem jetzigen Deutschland geben sie schlechte Noten in der Gesundheits-, in der Arbeitsmarktpolitik – in fast allen Themen der Sozialpolitik.
Die DDR war bekanntlich mit ihren nur 16 Millionen Bürgern im Sport eine der Größten. Dort wimmelte es von Medaillen, Rekorden und beachtlichen Siegen. Doch was blieb im Windschatten der „Vereinigung“ vom DDR-Sport noch übrig? Was konnten die Demonstranten in Potsdam von 1990 („Lasst unseren Sport nicht sterben?“) erreichen? Die besten DDR-Athleten waren in der Bundesrepublik gern gesehene Gäste. Die Beispiele K.Witt, K. Otto, O. Thom, U. Kirsten, M. Sammer,M. Ballack oder T. Doll zeigten, dass ehemalige DDRSportler imWesten zu Anerkennung und Vermögen kommen konnten. Gerade sie hätten mehr als einen Grund aus ihrer Erfahrung im jetzigen Deutschland die niedergegangene DDR-Sportstruktur öffentlich zu loben. Sie genossen Privilegien, eine herausgehobene Förderung, die sie zu dem machte, was sie sportlich heute sind bzw. waren. Danke DDR – diesen Satz vermisst man von den zahlreich im Westen angekommenen Sportgrößen. Aber was passierte sonst noch mit dem Sport des Ostens? Er wurde wie vieles dort einfach plattgemacht! Spitzensportler setzen sich gen Westen ab, um bei McDonalds, T-Online, Nutella, Mercedes- Chrysler, den Bayerwerken u. a. ihr Geld zu verdienen. Am 12.4.90 verkündete Minister-präsident L. de Maziere (ohne angesichts der vorbildlichen Breitensport-förderung in der DDR rot zu werden): „Wir wollen weg von der einseitigen Förderung des Leistungssportes und hin zur verstärkten Förderung des Breiten- und Behindertensportes.“
Und das sah dann so aus:
- Der DDR-DTSB wurde aufgelöst und 9 000 Mitarbeiter entlassen.
- Viele Betriebe kämpften um ihre Existenz und stellten die Sportförderung ein.
- Das NOK Ost vereinigte sich mit dem NOK West.
Mit der Auflösung des DTSB endete am 31.2.1990 die Geschichte des DDR Sportes Im allgemeinen Vereinigungstaumel wurde kaum etwas der vorbildlichen DDR-Sportorganisation übernommen – außer den gut ausgebildeten Sportlern.
Und die gewannen bei den Olympischen Spielen auch die meisten Medaillen. Nur jetzt für den kapitalistischen Westen.
21 Kinder und Jugendsportschulen wurden umgewandelt zu „Eliteschulen des Sportes“. Die DHfK (Deutsche Hochschule für Körperkultur) in Leipzig wurde abgewickelt und zahlreiche Mitarbeiter des international hoch angesehenen Institutes ebenso. Ein breites Spektrum der folgenden Diskussion nahm nun das Thema Doping ein. 306 ehemalige meist unbekannte Sportler der einstigen DDR klagten um die vom Bundestag beschlossenen zwei Mio. Euro Entschädigung. Dem Breitensport der DDR ging es so wie der gesamten DDR – sie sind Geschichte. Hatten die meisten DDR-Bürger 1990 nicht andere Sorgen, als Sport zu treiben?  So bleibt mir als Fußballjugendleiter eines kleinen Vereines, der um jeden Cent kämpfen muss, der sieht, dass die öffentlichen Zuschüsse nicht vorn und hinten reichen, nur übrig, mit großer Hochachtung vor dieser sportlichen  Leistung dieses 16-Millionen-Volkes hier zu schreiben. Der Osten Deutschlands wurde nach 1989 vom Westen schwer verunglimpft – von der Politik, von der Wirtschaft, von den Sportorganisatoren.
Trotzdem kann die "ehemalige" DDR  – auch im Angesicht des heutigen katastrophalen Sportsystem im "vereinigten" Deutschland – stolz sein. Stolz sein darauf, dem Westen viele Jahre gezeigt zu haben, dass ein „ordinär sozialistisch zwangsproletarisiertes Land“ (Orginalton Innenminister Schönbohm) mit nur 16 Millionen Einwohner in vielen Bereichen des täglichen Lebens – zu mindestens aber im Sport –weit erfolgreicher und zufriedener lebte, als zur Zeit.  Mit dem Niedergang der erfolgreichsten und weltweit bewunderten Errungenschaft der anderen deutschen Republik wurden auch Versuche, die katastrophale Finanzlage der meist kleinen Westvereine zu verbessern, über Jahre hin zunichte gemacht. Ob im neuen Deutschland jemals wieder solche Sportlandschaften blühen werden? Wenn überhaupt wird es
wohl Jahre dauern…

Werner Bischoff, veröffentlicht in der UZ 27.01.06

Weitere interessante Informationen zum Thema Sport in der DDR findet man auf der Seite: Sport in der DDR


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